12.06.2020
UID goes agile: „UID ist ein anderes Unternehmen als vor 10 Monaten.“
Let’s go & grow hieß es ab August bei UID. Seitdem setzen wir nicht nur in Projekten, sondern im gesamten Unternehmen auf agile Methoden und ein agiles Mindset. Zeit für eine kleine Zwischenbilanz: Was hat sich seitdem geändert – für Kunden, Mitarbeiter, Management und unsere Arbeit? Was haben wir aus dem Prozess gelernt? Das erzählen Claus Görner, Managing Director, und Daniel Kurz, Lead Software Engineering. Beide waren Teil des 11-köpfigen Teams, dass die agile Transformation über ein halbes Jahr vorbereitet und den Prozess seitdem begleitet hat.
Bei UID hat sich in den letzten Monaten viel getan. Was genau hat sich verändert?
Claus: UID ist ein anderes Unternehmen als es noch vor einem rund einem Jahr war. Die neue Unternehmensstruktur ist eigentlich der beste Ausdruck dafür. Keine Team- und Abteilungsleiter mehr – stattdessen selbstorganisierte, weitgehend autonome Teams. Das war eine gewaltige Veränderung für uns.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Gab es einen Auslöser?
Claus: Diese Idee kam letztlich von den Mitarbeitern selbst. Das Management initiierte einen Workshop, um Veränderungen und Verbesserungen im Unternehmen anzuregen. Hier ergab sich ein starkes Bedürfnis der Mitarbeiter, die Kultur im Unternehmen entsprechend eines New-Work-Ansatzes weiterzuentwickeln. Wir beiden Geschäftsführer dachten zunächst: Was für eine verrückte Idee! Dann haben wir uns aber intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, recherchiert und nach erfolgreichen Beispielen gesucht. Nach und nach ist bei uns ein Bild entstanden, wie dieser Ansatz für UID funktionieren könnte. Dann wollten wir es unbedingt ausprobieren. Bisher habe ich es nicht bereut.
Was waren die größten Knackpunkte? Mit welchen Problemen hattet ihr zu kämpfen?
Daniel: In unserer alten Struktur waren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten fest geregelt. Doch nun haben wir die Position der Team- und Abteilungsleiter aufgelöst. Aber die Aufgaben, die sie übernommen hatten, sind natürlich geblieben und müssen sinnvoll erfüllt werden. Wir setzen auf Eigeninitiative, Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Teams. Denn die Theorie besagt, dass Mitarbeiter von sich aus Verantwortung übernehmen, wenn sie tun können, wozu sie sich qualifiziert und berufen fühlen. Doch das läuft teilweise noch nicht rund. Diese Probleme identifizieren wir und versuchen durch Coaching gegenzusteuern.
Wenn ihr heute eine Zwischenbilanz zieht: Wie hat sich die Veränderung ausgewirkt? Was hat sich verbessert?
Claus: Unser Ziel ist es, durch Agilität Mitarbeiter und Kunden zufriedener zu machen. Veränderungen für die Kunden werden mit der Zeit nach und nach spürbar. Die Teams bilden Kompetenzzentren, widmen sich spezifischen Märkten und bieten unseren Kunden hier neue oder optimierte Services. Durch die Agilität und mehr Autonomie können sie schneller reagieren, wenn sich Kundenbedürfnisse, Trends, Märkte oder Technologien ändern.
Das zeigt sich besonders jetzt in der Krise: Durch das Mehr an Transparenz, Autonomie und Flexibilität können wir besser auf die Corona-Herausforderungen eingehen. Auch dass wir seit letzten Herbst noch Home Office und Kollaborationstools vermehrt in unserem Arbeitsprozess etabliert haben, war in dieser Zeit ebenfalls sehr hilfreich.
Daniel: Im Hinblick auf die Mitarbeiter hat sich einiges getan. Dies merken wir vor allem daran, dass wir mittlerweile in einem ganz anderen Dialog und Austausch stehen. Eine der auffälligsten Änderungen ist die größere Transparenz. Informationen und Entscheidungen dokumentieren und kommunizieren wir für alle nachvollziehbar, in aktuellen Fragerunden geht die Geschäftsführung auf alles ein, was gerade im Unternehmen passiert, Mitarbeiter sind stärker in Angebotsprozesse involviert und erfahren früher, welche Projekte in der Pipeline sind. Durch den Austausch, die Transparenz und das Feedback, das wir uns geben, reden die Mitarbeiter nun nicht mehr nur über Projekte, sondern über andere Dinge im Unternehmen. Außerdem sind die Teams nun stärker durchmischt. Mitarbeiter, die vorher wenig Kontakt hatten, arbeiten nun gemeinsam in standortübergreifenden Teams. Die Firma wächst noch näher zusammen.
Was hattet ihr an Learnings? Was hätte man besser machen können?
Daniel: Unsere Veränderung war sehr radikal. Vielleicht wäre es besser gewesen, nicht alles auf einmal zu ändern. So hätten wir beispielsweise die Position des Unit Managers streichen können, die des Team Managers aber vorübergehend beibehalten können. So hätten wir Probleme vielleicht besser abfangen können. Andererseits hätten die Mitarbeiter die Umstellung nicht so gut akzeptiert.
Claus: Ich denke, für ein Unternehmen unserer Größe ist es wichtig, die Umstellung in einem Schritt durchzuziehen. Man hätte auch in einem kleinen Team anfangen können, aber das hätte dann vielleicht nicht mit dem Rest harmoniert. Wir hätten uns aber stärker mit der Frage beschäftigen können, wie man Führung ohne Führungskräfte gezielt fördert. So entstand erstmal ein gefühltes Führungsvakuum. Obwohl Verantwortungsbereiche und Zuständigkeiten definiert waren, war das mit die schwerste Umstellung für die Teams.
Daniel: Ja, das haben wir tatsächlich zu wenig beleuchtet. Auch ohne Hierarchien muss es Führung geben. Mitarbeiter mit wenig Erfahrung übernehmen nun zwar die Verantwortung für sich selbst. Aber ihnen fehlt vielleicht der Blick für die Aufgaben im Team.
Claus: Dazu gehört auch, dass in klassischen Hierarchien der Chef für Mitarbeiter entscheidet. Mitarbeiter wissen jedoch teilweise nicht, welche Informationen und Kriterien er dabei berücksichtigt, um eine vernünftige Entscheidung treffen zu können. Jetzt müssen Mitarbeiter selbst entscheiden. Sie müssen erst lernen, was sie hierzu benötigen und wie sich notwendige Infos beschaffen, um sinnvoll eine Wahl treffen zu können.
Für Mitarbeiter bedeutet die Veränderung also kurzum mehr Freiheiten bei gleichzeitig mehr Verantwortung. Wie gewinnt man die Mitarbeiter für solche Veränderungen?
Claus: Das Wichtigste ist die transparente Kommunikation. Wir haben die Mitarbeiter so früh wie möglich in Entscheidungen eingebunden. Wir haben nichts im stillen Kämmerlein ausgeheckt, sondern frühzeitig unsere Vorhaben kommuniziert, verschiedene Varianten vorstellt und gemeinsam diskutiert. Das ist meines Erachtens der beste Weg, um möglichst viel Akzeptanz zu erhalten.
Welchen Tipp würden Sie Unternehmen mitgeben, die eine agile Transformation planen?
Claus: Im Nachhinein betrachtet hätten wir die Teams zu Beginn noch stärker coachen müssen. Dann wäre der Einstieg wahrscheinlich reibungsloser verlaufen. Aber von anderen Unternehmen, die den selben Schritt gewagt haben, habe ich ähnliches gehört.
Daniel: Es fehlen am Anfang auch häufig die Ansätze. Viele wissen nicht, was sie konkret schulen bzw. vermitteln sollen. Erst mit der Zeit erkennt man die größten Baustellen und wundert sich, warum diese nicht gleich gesehen und dahingehend gecoacht hat. Davon abgesehen, kann ich Unternehmen nur raten: Traut Euch einfach, den ersten Schritt zu machen. Außerdem gibt es keine Schablone. Was man in Büchern liest, passt in der Regel nicht für das eigene Unternehmen. Man muss seinen eigenen Weg finden und diesen konsequent gehen.