16.03.2022
Euro vs. Karma: Sind nachhaltige Unternehmen erfolgreicher?
Ob ein Produkt oder Service nachhaltig ist, wird für Konsument:innen beim Kauf immer wichtiger. Gleiches gilt für Arbeitnehmende: Fachkräfte entscheiden sich für nachhaltige Unternehmen, die mit ihren Werten und ihrem Handeln überzeugen. Für viele Unternehmen ist Nachhaltigkeit aber immer noch ein reines Marketing-Thema (1). Ist Nachhaltigkeit tatsächlich nur gut fürs Image? Sind nachhaltiges und ethisches Handeln mit wirtschaftlichen Zielen nicht vereinbar? In unserem Beitrag zeigen wir, warum es sich für euer Unternehmen auch wirtschaftlich lohnt, in echte Nachhaltigkeit zu investieren.
Nachhaltigkeit im Unternehmen
Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht nur auf ökologische Umweltauswirkungen. Es gehören auch ökonomische und soziale Aspekte dazu. Alle drei Aspekte sind wichtig, wenn ihr Produkte und Services entwickelt. Die ökonomische Perspektive zielt beispielsweise darauf ab, effiziente und zukunftssichere Produkte, Geschäftsmodelle oder Services zu entwickeln. Die soziale Perspektive berücksichtigt Themen wie Datenschutz, Inklusion oder den ethischen Einsatz von Technologie.
Fachkräfte gewinnen
Neben Gehalt und Work-Life-Balance gehört für Bewerber:innen Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu den Top-3-Kriterien, wenn es darum geht, einen neuen Arbeitgeber auszuwählen (2). Nachhaltige Unternehmen, die nach innen und außen wertschätzend mit Mensch, Umwelt und Ressourcen umgehen, positionieren sich als attraktiver Arbeitgeber und gewinnen das Vertrauen von potenziellen Fachkräften. Insbesondere für jüngere Arbeitnehmer:innen ist das Gehalt nicht ausschlaggebend, wenn der potenzielle Arbeitgeber mit ethischer Unternehmensführung überzeugen kann und die Werte des Unternehmens den eigenen entsprechen (3).
Marke und Kundenbindung stärken
Das Kundenbedürfnis für nachhaltige Produkte hat der Markt längst erkannt. Laut einer Studie des LBBW Research geben etwa 50 Prozent der Verbraucher:innen an, beim Kauf darauf zu achten, dass der Anbieter sozial und ökologisch verantwortlich handelt (4). Nachhaltige Unternehmen, die gesellschaftliche und ökologische Werte vertreten, sind sichtbarer und können somit ihre Produkte leichter verkaufen – auch an Neukunden. Die Verbraucher*innen vertrauen Marken mit klaren Werten. Das erhöht die Kundenbindung und hilft neue Kundengruppen zu erschließen.
Erfolgreich wirtschaften
Doch nicht nur das: Verbraucher:innen sind zudem bereit für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen (5). Das schlägt sich auch in den wirtschaftlichen Kennzahlen nieder: Firmen können ihr nachhaltiges Engagement über die Preise an die Kund:innen weitergeben und auch für nachhaltige Produkte gute Margen erzielen. Verbraucher:innen sollten jedoch
genau prüfen, ob sie für echte Nachhaltigkeit bezahlen oder lediglich mit Greenwashing hereingelegt werden. Im Geschäftsbericht des jeweiligen Unternehmens können die Höhe von Marketing- bzw. Nachhaltigkeitsausgaben (zum Beispiel für Innovationen oder Corporate Social Responsibility) darüber Aufschluss geben.
Kosten minimieren & Effizienz steigern
Wer energie- und ressourceneffizient arbeitet, reduziert nicht die ökologischen Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeit, sondern auch Kosten. Nachhaltige Unternehmen sind effizienter und sparen langfristig Entwicklungs-, Schulungs- und Supportkosten. In der Produktentwicklung lassen sich Aufwände zum Beispiel durch Living Styleguides reduzieren. Für die mobile Produktwelt eines unserer Maschinenbau-Kunden entwickelten wir einen Living Styleguide in HTML. Er sichert eine App-übergreifende intuitive Bedienung und schnelle Erlernbarkeit der Anwendungen. Gleichzeitig legt er die Basis für effiziente, ressourcen-sparende Software-Entwicklung: Der Styleguide ist zentral verfügbar und alle UI-Komponenten sind inklusive Code-Snippet dokumentiert und mittels Storybook verlinkt. So können andere Entwickler*innen jederzeit darauf zugreifen. Müssen Entwickler*innen neue Features implementieren, entnehmen sie die entsprechenden UI-Komponenten aus dem Living Styleguide. Das macht ihr Arbeiten nicht nur effizienter, es steigert auch die Qualität und Konsistenz.
Chance zur Neuausrichtung
Der Umstieg auf nachhaltige Technologien eröffnet neue Marktpotenziale: Gemäß einer Studie des VDMA könnte die Branche Maschinen- und Anlagenbau bis 2050 weltweit rund zehn Billionen Euro zusätzlichen Umsatz mit klimaschonenden Technologien erwirtschaften (6). Nachhaltige Unternehmen, die sich frühzeitig auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen – beispielsweise steigende Energiekosten, verringerte Verfügbarkeit von Rohstoffen oder strengere regulatorische Vorgaben – erlangen einen
Wettbewerbsvorteil.
So gibt die BMW Group an, dass mehr als 5.600 Zulieferer zu Nachhaltigkeitskriterien befragt wurden. Wer den vorgegebenen Anforderungen der BMW Group nicht gerecht werden konnte, musste einen korrektiven Maßnahmenplan vorlegen. Weniger nachhaltige Zulieferer könnten also zukünftig bei Auftragsausschreibungen seltener zum Zuge kommen könnten. Die Folge wären mögliche Umsatzeinbußen (7).
Zukunftsfähige Geschäftsmodelle entwickeln
Unternehmen, die ihre Produkte nachhaltig gestalten wollen, sind stärker gefordert, bestehende Geschäftsmodelle zu hinterfragen. Wer heute schon innovative Produktstrategien entwickelt, die einerseits auf Profitabiliät geprüft sind und gleichzeitig Nachhaltigkeits-Ziele und die Bedürfnisse von Markt und Zielgruppen erfüllen, investiert in zukunftsfähige Geschäftsmodelle.
Negative Schlagzeilen vermeiden
Es versteht sich fast von selbst: Vorsicht vor Greenwashing. Wo grün draufsteht, sollte auch grün drin sein. Kommt heraus, dass ein Unternehmen Produkte nur per Marketingstrategie grün gewaschen hat, schadet dies dem Vertrauen in eine Marke erheblich. Zum Imageschaden kommt ein enormer wirtschaftlicher Schaden, wenn Kunden das Produkt nicht mehr kaufen. Häufig muss mit aufwändigen und kostspieligen Marketing-Aktionen, das Vertrauen der Kunden zurückgewonnen werden – falls dies überhaupt gelingt. Der bekannteste und größte Skandal in diesem Zusammenhang ist der VW Diesel-Skandal: Als „Clean Diesel“ beworbene Fahrzeuge wurden mit einer manipulierten Abgas-Software ausgestattet. Dieser Skandal kostete den Konzern bisher 32 Milliarden Euro (8).
Fazit
Nachhaltigkeit dient nicht nur dem Karma. Durchdachte Nachhaltigkeitsstrategien wirken sich langfristig positiv auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens aus und tragen dazu bei, Unternehmen verantwortungsvoll an die nächste Generation zu übergeben.
Die Autor*innen
Dr. Peter Klein
Peter ist Diplom-Informatiker und promovierter Informationswissenschaftler mit Spezialisierung auf Informationsdesign und Visualisierung. Als Head of Research & Innovation bei UID kümmert er sich um das gezielte Aufgreifen disruptiver Technologien und deren gestalterischen Transfer in nutzerzentrierte Produkt- und Prozessgestaltung.
Silja Donadel
Ob Content- oder Angebotserstellung – Silja vernetzt bei UID Marketing und Vertrieb. Die Literatur- und Sprachwissenschaftlerin ist immer auf der Suche nach spannenden Themen aus der UX-Welt, die unsere Kunden begeistern.
Weitere Infos
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