26.07.2024

Inclusive Design für digitale Produkte

Inclusive Design macht digitale Produkte und Erlebnisse für alle zugänglich und nutzbar, unabhängig von Alter, Fähigkeiten oder kulturellem Hintergrund. Das fördert nicht nur die Inklusion, sondern steigert auch die allgemeine Benutzerfreundlichkeit eurer Anwendungen. Wie ihr als Gestalter:innen ins Thema einsteigen könnt, zeigen euch unsere UX-Expert:innen Michelle und Stefanie in diesem Beitrag.

Was ist Inklusion?

Inklusion ist, wenn alle Menschen mit ihren Bedürfnissen mitgedacht werden und eine gemeinsame Lösung gleichwertig nutzen können.

Inclusive Design ist daher mehr als nur ein UX-Designansatz – es ist ein Prozess und eine Philosophie, die darauf abzielt, Produkte, Services und Umgebungen für alle Menschen zugänglich und nutzbar zu machen, unabhängig von Alter, Fähigkeiten oder kulturellem Hintergrund.

Inklusives Design bedeutet nicht, dass du eine Sache für alle Menschen machst. Du designst verschiedene Möglichkeiten, sodass jeder an dem Erlebnis teilhaben kann und sich zugehörig fühlt.“

Microsoft

Was ist Inklusion nicht?

Es gibt verschiedene Ansätze in der Produktentwicklung, die sich dem Inclusive Design annähern, aber trotzdem ein großes Stück davon entfernt sind, wirklich inklusiv für die Nutzenden zu sein. Was ist Inklusion nicht?

  • Exklusion: Bestimmte Nutzungsgruppen werden bewusst oder unbewusst von der Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung ausgeschlossen. Dies kann aufgrund von physischen, sensorischen, kognitiven oder kulturellen Barrieren geschehen. Beispiel: Eine Website, die nicht für Menschen mit Sehbehinderungen angepasst ist und somit für sie nicht nutzbar ist.
  •  Separation: Entwicklung separater, spezialisierter Lösungen für verschiedene Nutzungsgruppen. Dies führt oft zu Parallelstrukturen, bei denen Menschen mit speziellen Bedürfnissen eigene, oft weniger attraktive Lösungen nutzen müssen. Ein Beispiel sind spezielle (digitale) Produkte für Senior:innen.
  •  Integration: Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten werden in eine gemeinsame Umgebung eingebunden, oft durch nachträgliche Anpassungen. Die Lösung betrachtet weiterhin vordergründig die Bedürfnisse der Hauptgruppe. Beispiel: Ein Podcast bietet seine eigenen, ausführlichen Zusammenfassungen für Gehörgeschädigte auf der gleichen Plattform an. Diese 2 in 1 Experience ist immer noch weit weg vom originalen Hör-Erlebnis und  keine gleichwertige Lösung.

Was bringt Inclusive Design?

  • Inclusive Design Vorteil Nr. 1: Verbessertes Markenimage
  • Vorteil Inclusive Design Nr. 1: Mehr Benutzerzufriedenheit
  • Vorteil Inclusive Design Nr. 2: Rechtlichen Risiken begegnen
  • Vorteil Inclusive Design Nr. 3: Erweiterte Marktchancen
  • Vorteil Inclusive Design Nr. 4: Zunahme von Innovation und Kreativität

Inklusion – eine Herausforderung für Gestalter:innen?

In der Produktentwicklung orientieren wir uns zum Einstieg häufig am optimalen User. Wird dieser sogenannte „Happy Path“ aber aufgrund von Zeitdruck oder Budget nicht weiterentwickelt, schließt das Produkt viele Nutzungsgruppen aus, da sich dieser Ansatz ausschließlich an der idealen Zielgruppe orientiert.

Wir bei UID sind davon überzeugt, dass wir als Gestalter:innen eine ethisch-moralische Verantwortung tragen, Diskriminierung zu vermeiden und inklusive, schützende Funktionen in Produkte und Services zu integrieren.

Produktentwicklung mit Inclusive Design

Unsere UX-Expert:innen Michelle Lubnau und Michelle Angele haben ein (Workshop)-Konzept entwickelt, anhand dessen ihr den Happy Path-Ansatz erweitern könnt, um frühzeitig alle Nutzergruppen einzuschließen und eine wirklich inklusive Lösung zu bieten.

Welche Einschränkungen könnten Nutzende daran hindern, euer digitales Produkt zu nutzen? Welche Missbrauchsmöglichkeiten bietet eure Anwendung?
Genau um diese Fragen ergänzen wir die Produktentwicklung bzw. den idealen Workflow eures Produkts: Zunächst identifizieren wir anhand von 10 Barrieren potenzielle Probleme und entwickeln darauf aufbauend inklusive Funktionen, die den „Happy Path“ für alle möglich machen.

Für die Integration von Inclusive Design in die Produktentwicklung betrachten wir folgende 10 mögliche Barrieren: Hören, Physis, Umgebung, Sprechen, Technik, Lernen, Sprache, Persönliche Umstände, Nerven, Sehen
Inclusive Path-Prozess: mit ersten vereinfachten Flow starten potentielle User und Einschränkungen definieren potentielle Mißbrauchsmöglichkeiten mitdenken Funktionen erweitern und Inklusion und Protektion

Im nächsten Schritt erweitern wir den Happy Path um protektive Funktionen. Diese Funktionen schützen Nutzende vor potenziellen Risiken, Missbrauch oder Diskriminierung.

Ihr habt Fragen zum Thema Inclusive Design oder wollt das Vorgehen einmal selbst ausprobieren? Dann sprecht uns gerne an.

Warum von Inclusive Design alle profitieren

Inclusive Design bringt mehr Vorteile, als man auf den ersten Blick denken könnte. Inklusive und protektive Funktionen bieten nicht nur der eigentlichen Zielgruppe Vorteile, sondern wirken sich positiv auf alle Nutzenden aus:

  • Zeitersparnis für alle: Effiziente und durchdachte Designlösungen sparen Zeit und steigern die Produktivität.
  • Vorteile für Brillenträger: Funktionen, die für Menschen mit Sehschwächen entwickelt wurden, sind oft auch für andere nützlich.
  • Unterstützung bei dauerhaften und situativen Einschränkungen: Inklusive Designs helfen nicht nur Personen mit dauerhaften Einschränkungen, sondern auch bei situativen Einschränkungen, die viele von uns betreffen können (z.B. eine vorübergehende Verletzung oder das Tragen von Handschuhen im Winter).
  • Der Curb-Cut-Effekt: Maßnahmen zur Förderung der Inklusion und Barrierefreiheit haben häufig positive Nebenwirkungen haben, die über die ursprünglich anvisierte Zielgruppe hinausgehen. Das heißt, inklusive Funktionen eines Produkts sind auch für Menschen ohne Einschränkungen hilfreich. Zum Beispiel: Die Vorlesefunktion wurde ursprünglich als Unterstützung für Personen mit Seheinschränkungen entwickelt, ist aber auch nützlich beim Autofahren.

Inclusive Path als Erfolgsfaktor

Eine inklusive Produktstrategie kann eine breitere Nutzerbasis ansprechen und somit den Markt erweitern. Außerdem verbessern inklusive Funktionen die Benutzerfreundlichkeit und erhöhen dadurch die Zufriedenheit aller Nutzenden, was den Erfolg eurer Anwendung unterstützt.

Als Designer:innen tragen wir die Verantwortung, Diskriminierung zu vermeiden und Chancengleichheit zu fördern – Lasst uns gemeinsam starten!

Die Autorinnen

Michelle Lubnau ist Produktgestalterin mit einem Master in Medical Design. Als User Experience Designer konzipiert und gestaltet sie nutzerzentrierte Interaktionskonzepte für interaktive Produkte für Firmen im Industrie-, Automobil- und Medizinbereich. Die Themen Nachhaltigkeit und Ethik liegen Michelle bei ihrer Arbeit besonders am Herzen. Gemeinsam mit ihrem Team entwickelt sie nachhaltige und ethische Gestaltungsansätze für mehr soziale Verantwortung in der Produktentwicklung.

UID Autorin Michelle Lubnau
Autorin Stefanie Angele

Stefanie Angele ist als Creative Director und UX Lead für die ganzheitliche UX-Entwicklung von digitalen Produktenbei UID GmbH verantwortlich. Mit dem Innovations-Team bei UID in München erarbeitet Stefanie in enger Zusammenarbeit mit Nutzenden und Kunden Anforderungen, gestaltet Interaktionskonzepte mit testbaren Prototypen, und kreiert innovative Produkte für die Welt von heute und morgen. Darüber hinaus entwickelt sie in ihrer Position als UX-Strategin unter Betrachtung von neuen Technologien und Trends Zukunftsszenarien, um Unternehmensstrategien auf fundierte Einschätzungen zu stützen, die im Rahmen der digitalen Transformation neuen Stellenwert bekommen haben.

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