21.01.2025
Mit Service Design digitale Journeys gestalten
Service Design ist ein leistungsstarker Ansatz zur Gestaltung kundenzentrierter Dienstleistungen. In diesem Beitrag erklären wir die Unterschiede zu UX Design sowie die Herausforderungen und Vorteile von Service Design für Unternehmen.
Technologische Innovationen und neue Geschäftsmodelle gestalten die Märkte um, Customer Journeys werden immer komplexer – in diesem Kontext wird Service Design zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen. Während viele vielleicht mit dem Konzept des User Experience Designs (UX) vertraut sind, geht Service Design darüber hinaus und umfasst weit mehr Aspekte, die beeinflussen können, ob eure Kund:innen das Unternehmen und dessen Leistungen positiv wahrnehmen, oder sich abwenden. Doch was genau ist Service Design, und warum ist es so wichtig?
Service Design vs. User Experience Design
Service Design ist ein Ansatz zur Gestaltung ganzheitlicher Servicesysteme, der die Bedürfnisse der Nutzenden in den Mittelpunkt stellt. Der zentrale Gedanke von Service Design liegt darin, die interne Organisation des Unternehmens gezielt in die Gestaltung einzubeziehen und das gesamte Unternehmen optimal auf die Leistungserbringung auszurichten. Es geht nicht nur darum, einen großartigen Service zu entwerfen, sondern auch darum, realistisch zu planen, wie dieser Service mit allen beteiligten Menschen erfolgreich umgesetzt werden kann. Technik und Personal müssen gut koordiniert sein, um ein positives Kundenerlebnis hervorzurufen. Die Menschen im Prozess müssen schnell und routiniert mitwirken können und in Ausnahmefällen (die nicht dem „Happy Path“ entsprechen) auch schnell und effektiv reagieren .
Während User Experience Design (UX Design) sich in erster Linie auf die Interaktion eines Nutzenden mit einem Produkt oder einer Dienstleistung konzentriert, betrachtet Service Design den gesamten Prozess der Service-Erbringung. Service Design berücksichtigt jede einzelne Interaktion, jedes noch so kleine Detail im gesamten Dienstleistungsprozess. Service Design bezieht alle internen Abläufe, Stakeholder und Berührungspunkte ein, um konsistente und nahtlose Kundenerlebnisse zu schaffen. Es berücksichtigt nicht nur das „Was“ der Nutzendeninteraktion, sondern auch das „Wie“ und „Warum“ des gesamten Serviceprozesses. Dieser Ansatz ist branchenübergreifend relevant – von der Gesundheitsbranche über die Finanzwelt bis hin zur öffentlichen Verwaltung.
Wie hängen Customer Experience und Service Design zusammen?
Customer Experience (CX) und Service Design sind eng miteinander verknüpft, da beide auf das Ziel ausgerichtet sind, die Interaktionen zwischen Unternehmen und ihren Kunden zu optimieren. CX beschreibt die Gesamtheit der Erfahrungen, die Kund:innen bei der Interaktion mit einem Produkt, einer Dienstleistung oder einer Marke machen – von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zur langfristigen Nutzung.
Kurz gesagt: Service Design ist der praktische Ansatz, um die Customer Experience zu gestalten und kontinuierlich zu verbessern, indem es Prozesse, Interaktionen und alle Touchpoints auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Kund:innen ausrichtet
Herausforderungen in der Service-Gestaltung
Das holistische Herangehen von Service Design bringt einige zusätzliche Herausforderungen in der Umsetzung mit sich.
Das solltet ihr wissen:
- Komplexität der Koordination: Bringt eure Teams zusammen! Service Design erfordert die Abstimmung zwischen verschiedenen internen Abteilungen sowie externen Partnern. Eine enge Zusammenarbeit ist nötig, um alle Prozesse nahtlos miteinander zu verbinden.
- Menschlicher Faktor: Versteht eure Zielgruppen wirklich – ihre Träume, Ängste und Wünsche! Da Service Design viele menschliche Interaktionen umfasst, ist es wichtig, die Bedürfnisse, Erwartungen und Emotionen der Nutzenden umfassend zu verstehen. Der Faktor Mensch gilt dabei in doppelter Hinsicht. Auch auf Unternehmensseite ist das eine Herausforderung. Wie können unterschiedliche Mitarbeitende ähnlich reagieren, und die gleiche Experience hervorrufen?
- Kontinuierliche Anpassung: Werdet agil! Die Erwartungen der Kunden:innen ändern sich ständig. Unternehmen müssen dynamisch und flexibel sein, um schnell auf neue Trends und Bedürfnisse reagieren zu können.
Wie Service Design Unternehmen voranbringt
- Kundenzentrierung: Kund:innen sollte immer im Mittelpunkt der Gestaltung stehen. Erkenntnisse aus der Kundenforschung können hier wertvolle Einsichten liefern. Das steigert die Kundenbindung und verhindert, dass unzufriedene Kund:innen zu Mitbewerbern wechseln.
- Ganzheitlicher Ansatz: Ein umfassender Blick auf alle Berührungspunkte und Prozesse ist entscheidend für ein nahtloses Kundenerlebnis. So gestaltet ihr positive Kundenerlebnisse. Denn inkonsistente oder unzureichend gestaltete Dienstleistungen führen zu Frustration und Unzufriedenheit.
- Iterativer Prozess: Regelmäßiges Testen und Anpassen von Dienstleistungen hilft, stets aktuell und relevant zu bleiben. Kontinuierliches Nutzungsfeedback sind der Schlüssel, um mit euren Dienstleistungen den Puls der Zeit zu treffen.
- Starkes Produktportfolio: Selbst das beste Produkt kann scheitern, wenn der dazugehörige Service nicht funktioniert. Services mit echtem Mehrwert für eure Kund:innen, stärken euer physisches Produkt und ergänzen euer Portfolio perfekt.
Gestaltet eure Dienstleistung mit dem richtigen Partner
Bei der Auswahl eines Service-Design-Partners ist es wichtig, die folgenden Kriterien zu beachten:
Umfassende Expertise im Service Design
Ein idealer Partner sollte den gesamten Service-Design-Prozess abdecken, von der Research-Phase über die kreative Konzeptentwicklung bis zur nutzerzentrierten Umsetzung. Dazu gehören Methoden wie Stakeholder-Mapping, Shadowing und Customer Journey Mapping, kreative Problemlösungen wie Design Thinking und Futures Thinking sowie Werkzeuge zur Konzeptentwicklung und Anwendungsgestaltung wie Service Blueprints, Prototyping und UI/UX-Design.
Starke digitale Kompetenz
Ein moderner Dienstleister sollte in der Lage sein, digitale Perspektiven im Service Design zu integrieren. Hierzu gehört die Automatisierung von Abläufen, die Gestaltung effektiver Self-Service-Optionen und die Fähigkeit, eine ansprechende Kundenbeziehung auch über digitale Kanäle hinweg zu fördern. Gerade wenn dies der einzige Kanal zwischen Kunden und Anbieter ist.
Branchenkenntnis
Ein guter Service-Design-Partner kennt sich in eurer Branche aus und ist mit den spezifischen Anforderungen und Herausforderungen vertraut. Dies gewährleistet, dass die erarbeiteten Lösungen nahtlos zu eurem Geschäftsfeld passen.
Verständnis für euer Produktportfolio
Der Dienstleister sollte sich in die Tiefe mit eurem Produktportfolio auseinandersetzen können, um zu verstehen, wie Service Design den Kundennutzen gezielt steigern kann.
Effizientes Projektmanagement
Da Service Design häufig verschiedene Disziplinen zusammenführt, ist ein strukturiertes Projektmanagement unerlässlich. Achtet darauf, dass euer Dienstleister in der Lage ist, Workshops effektiv zu moderieren und interdisziplinäre Teams zu koordinieren, um einen klaren Projektfahrplan zu entwickeln.
Aus der Praxis: Projektbeispiele für Service-Gestaltung
Service-Optimierung für Discounter-Unternehmen
Wir unterstützten die Optimierung eines neuen Geschäftsmodells im Bereich Online-Shopping durch gezielte Kundeninteraktion und Analyse. Dazu führten wir zunächst Guerilla-Befragungen durch, um wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse und Erwartungen potenzieller Nutzenden zu gewinnen. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen erarbeiteten und visualisierten wir unterschiedliche Szenarien, um Verbesserungsansätze zu verdeutlichen. Ergänzend dazu organisierten wir Fokusgruppen, um die gewonnenen Ideen und Hypothesen mit (potenziellen) Kunden zu validieren. Die Ergebnisse der Befragungen und Diskussionen flossen direkt in die anschließende Service-Optimierung ein. Unser Fokus lag dabei auf den Aspekten, die aus Kundensicht besonders relevant sind, um eine maßgeschneiderte und marktgerechte Lösung zu entwickeln.
Optimierung einer individuellen Dienstleistung im Pharma-Bereich
Ziel des Projekts war die Optimierung und Erweiterung einer individuelle Dienstleistung, sodass sie über ein Webportal abgewickelt werden kann. Dafür führten wir Kontextinterviews mit Kunden-Mitarbeitern durch, um die Anforderungen der Experten-Nutzer besser zu verstehen. Im nächsten Schritt entwickelten wir einen typischen Workflow mit bis zu zehn Rollen als Service Blueprint, um die Interaktionen zu strukturieren. Basierend darauf wurden die benötigten Screens pro Rolle abgeleitet. In iterativen Workshops mit Experten-Nutzern überprüften wir die Screens, um Feedback einzuholen und Inhalte in Content Inventories zu dokumentieren. Auf dieser Basis finalisierte das Projektteam das Interaktionskonzept und erstellte das Visual Design, das in einem Minimum Viable Product umgesetzt wurde.
Der Autor
Dr. Jan Seifert arbeitet als Lead Experience Designer bei UID. Er verfügt über umfassende Erfahrung in allen Phasen der menschenzentrierten Entwicklung. Je nach Projektanforderung führt der Diplom-Psychologe den Prozess selbst durch, leitet ihn an oder implementiert ihn. Seine Schwerpunkte liegen in den Branchen Enterprise, Industry und Automotive. Sein umfassendes Wissen und praktische Erfahrung gibt er in Vorträgen und Vorlesungen weiter. Er ist aktives Mitglied im Arbeitskreis User Research der German UPA, dem Berufsverband der deutschen Usability Professionals.